Bestimmung von Blausäure in Lebensmitteln

Methode basierend auf - VDLUFA Methodenband 3, Methode 16.3.2; AOAC 915.03 und ISO 2164-1975

Analytik von Blausäure in Leinsamen, Mandeln & Co: Applikationsanforderungen durch neue Höchstgehalte

Cyanogene Glycoside sind chemische Verbindungen, die natürlicherweise in pflanzlichen Lebensmitteln wie Aprikosenkernen, Bittermandeln und Leinsamen vorkommen. Diese Lebensmittel werden zum direkten Verzehr angeboten, werden aber auch traditionell wegen ihrer Aromaeigenschaften für Marzipan, Persipan und verwandte Produkte verwendet. Beim Kauen und Verdauen wird Blausäure, auch Cyanwasserstoff, aus diesen Verbindungen freigesetzt. Da Blausäure, sowie alle Cyanide, eine toxische Wirkung hat, kann es bei einem übermäßigen Verzehr zu schweren Vergiftungen kommen, die sogar tödlich verlaufen können. Die Europäischen Kommission hat daher Grenzwerte für den Blausäuregehalt in verschiedenen Lebensmitteln festgelegt. Die Verordnung (EU) 2022/1364 enthält eine Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 hinsichtlich der Höchstgehalte für Blausäure in bestimmten Lebensmitteln. Die aktuellen Höchstwerte für Blausäure (einschließlich in Blausäuregycosiden gebundener Blausäure) sind folgende:

  • 250 mg/kg für unverarbeitete ganze, geriebene, gemahlene, geknackte oder gehackte Leinsamen
  • 150 mg/kg für unverarbeitete ganze, geriebene, gemahlene, geknackte oder gehackte Leinsamen, die für Endverbraucher in Verkehr gebracht werden
  • 35 mg/kg für unverarbeitete ganze, geriebene, gemahlene, geknackte oder gehackte Mandeln, die für Endverbraucher in Verkehr gebracht werden
  • 20 mg/kg für unverarbeitete ganze, geriebene, gemahlene, geknackte oder gehackte Aprikosenkerne, die für Endverbraucher in Verkehr gebracht werden
  • 50 mg/kg für Maniok (Kassawawurzel), frisch & geschält
  • 10 mg/kg für Maniok-Mehl und Tapiokamehl

Bestimmung des Blausäuregehaltes mittels Wasserdampfdestillation

Die Methode
Bei der Bestimmung des Blausäuregehaltes wird die Probe zunächst in Wasser aufgeschlämmt und mit  
β-Glucosidase aus Süßmandeln versetzt und inkubiert. Die glycosidisch gebundene Blausäure wird dabei aufgeschlossen. Die Probe wird anschließend in den VAPODESTeingesetzt, mit Natriumacetatlösung versetzt und im Wasserdampfstrom abdestilliert. Das Destillat wird in einem definierten Volumen von angesäuerter Silbernitratlösung aufgefangen und bildet dort Silbercyanid. Das entstandene Silber Thiocyanat wird abfiltriert und der Überschuss an nicht reagiertem Silbernitrat mit einer Ammoniumthiocyanatlösung zurücktitriert.

  • Applikationsnotiz: Die Ergebnisermittlung aus dem erzeugten Destillat kann alternativ auch mittels HPLC- oder CFA-Verfahren erfolgen.

Probenvorbereitung und Einwaage
Die Probe muss repräsentativ und homogen sein. Unmittelbar vor dem Wiegen wird die Probe noch einmal gründlich von Hand gemischt. Typische Probengewichte liegen zwischen 0,5 g und 20  g, je nach HCN-Gehalt der Probe.

Enzymatische Hydrolyse
Probe, gemahlene Süßmandeln und Wasser werden in den Kolben gegeben. Anschließend wird der Kolben mit dem Gummistopfen (C. Gerhardt Cyanidstopfen) gasdicht verschlossen und im Einsatzgestell im Trockenschrank bei 38 °C für mindestens 12 Stunden inkubiert.

  • Applikationsnotiz: Der Kolben sollte auf Raumtemperatur abgekühlt sein, bevor der Stopfen entfernt wird.

Destillation
Sobald die Proben abgekühlt sind, wird der Gummistopfen entfernt und der Kolben umgehend in den VAPODEST eingespannt. Bei stark schäumenden Proben können einige Tropfen Antischaum-Lösung zugegeben werden. Die Probe wird automatisch mit Natriumacetatlösung versetzt, anschließend wird eine Wasserdampfdestillation durchgeführt. Die Kondensat-Einleitung in die Vorlage erfolgt mittels geeigneter Kapillare direkt in einen 500 ml fassendes Vorlagegefäß, welches  mit der Vorlage aus AgNO3 und HNO3 befüllt wurde. Die Menge des Silbernitrats ist abhängig von der enthaltenen Blausäuremenge der Probe. Die Silbernitratvorlage sollte mit einer Vollpipette zugegeben werden, da dieses exakte Volumen zur Berechnung herangezogen werden muss.

Titration
Nach Beendigung der Destillation wird das Destillat quantitativ mit destilliertem Wasser über einen Faltenfilter in einen trockenen Messkolben mit einem Fassungsvermögen von 500 ml überführt. Anschließend wird der Faltenfilter mit destilliertem Wasser gespült und der Messkolben bis zur Markierung aufgefüllt.
Die Titration wird mit einem Aliquot (200ml) des gewonnenen Filtrats durchgeführt. 

Blindwert
Für die Blindwertbestimmung wird die Analyse (Inkubation + Destillation + Titration) nur mit den angegebenen Chemikalien ohne Probe durchgeführt. Zeigt der Blindversuch einen Verbrauch an Silbernitratlösung, dann wird dieser von dem Silbernitratverbrauch des Hauptversuchs abgezogen.

Berechnung
Derr HCN Anteil kann mit der folgenden Gleichung berechnet werden: 

1 ml Silbernitratlösung, c = 0,02 mol/l, entspricht 0,54 mg Blausäure (bei der Verwendung von 200ml Filtrat). 

HCN = Blausäure [mg/kg] 

V1 = Volumen der für die Probe verwendeten Standardlösung Ammoniumthiocyanat [ml] 

V0 = Volumen der für den Blindversuch verwendeten Standardlösung Ammoniumthiocyanat [ml] 

msample = Gewicht der Probe [g]